domingo, 4 de diciembre de 2011

SPD PARTEITAG IN BERLIN


SPD-PARTEITAG IN BERLINIntern uneins, geschlossen gegen Merkel

Die SPD streitet über ihr künftiges Programm und fahndet nach einem Kanzlerkandidaten. Steinmeier erhält höflichen Applaus. Gefeiert wird ein anderer. Von M. Schlieben
SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier beim Bundesparteitag
SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier beim Bundesparteitag
Nein, Helmut Schmidt steht als Kanzlerkandidat nicht mehr zur Verfügung. Für die SPD ist das schon ein bisschen schade. Auf ihn könnte sich die Partei spielend als Führungsfigur einigen. Gut zu beobachten ist das auf ihrem Bundesparteitag, der in Berlin begonnen hat.
Während der Rede des Alt-Kanzlers am Sonntagvormittag herrscht andächtige Stille. Wer es wagt, zu tuscheln oder zu telefonieren, wird streng zurecht gewiesen. Unterbrochen wird die Stille nur vom regelmäßigen, frenetischen Applaus. Als Schmidt dann nach einer Stunde endet, erhebt sich der ganze Saal und klatscht mehrere Minuten lang. Noch lauter wird es, als er sich, auf seinen Platz im Publikum zurückgekehrt, eine Zigarette anzündet. Den Rest des Tages wird sich jeder zweite Redner auf die wahlweise "großartige", "historische" oder "wegweisende" Ansprache Schmidts berufen.
Aber Schmidt ist, wie er gleich zu Beginn seiner Rede betont, an "Parteipolitik" nicht mehr sonderlich interessiert. Ihm gehe es "in erster Linie" um die "Nation". Dabei ist er wenig diplomatisch. Anders als man es von einem Elder Statesman womöglich erwarten würde, bollert der 92-Jährige ganz ordentlich gegen die amtierende Bundesregierung. Eigentlich sei es deren "verdammte Pflicht und Schuldigkeit" öffentlich für Europa und die europäische Solidarität zu werben, so Schmidt. Aber stattdessen übe sich die Merkel-Regierung in "schändlicher deutschnationaler Kraftmeierei".
Steinbrück namentlich kein einziges Mal erwähnt
Explizit kritisiert Schmidt den Unionsfraktionschef Volker Kauder, der unlängst tönte, in Europa werde jetzt wieder Deutsch gesprochen, und Außenminister Westerwelle, der mehr Wert auf "fernsehgerechte Auftritte in Tripolis, Kairo oder in Kabul als auf politische Kontakte mit Lissabon, Athen oder Warschau" lege. Auch die Kanzlerin attackiert Schmidt für deren Widerstand gegen Euro-Bonds. Dabei sei eine "gemeinsame Verschuldung" der EU-Mitglieder unvermeidlich, um die Krise zu überwinden, sagt Schmidt. Sein Werben für eine europäische Transferunion entspricht der offiziellen SPD-Linie, die Peer Steinbrück im Sommer vorgestellt hat.
Steinbrück selbst wird von Schmidt namentlich kein einziges Mal erwähnt. Dass der frühere Finanzminister sein Favorit ist, weiß man ohnehin seit derpublizistischen Offensive der beiden vor einigen Wochen. Das kam nicht überall gut. Die Partei-Linke und ein großer Teil der Basis sieht Steinbrücks Ambitionen ohnehin sehr skeptisch.
Auch sonst spielt Steinbrück an diesem Tag offiziell keine Rolle. Die Schwergewichte und potentiellen Kanzlerkandidaten der SPD treten fein getaktet hintereinander auf: Steinbrücks Parteitagsrede ist erst am Dienstag eingeplant. Am Montag hält Parteichef Gabriel ein Grundsatzreferat. Und am heutigen Sonntag geht es um Europa. Dazu spricht der dritte Anwärter im derzeitigen K-Casting der SPD, der Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.
Steinmeier steht Schmidt in seinen Vorwürfen gegen die Bundesregierung in Nichts nach. Schwarz-Gelb habe in der Euro-Krise "nichts voran gebracht", sondern "nur rumgefuhrwerkt", poltert er. Auch Steinmeier wirbt für einen "gemeinsamen Umgang" mit den europäischen Altschulden in einem "Schuldentilgungsfonds". Nur die SPD sei eine verlässliche, verantwortungsbewusste "Europa-Partei", so Steinmeier.
In der Sache liegen sie dicht beieinander. Aber die Begeisterung für Steinmeier ist ungleich geringer als zuvor für Schmidt. Viele Delegierte unterhalten sich ungeniert während seiner Rede, lesen Zeitung oder laufen durchs Plenum. Ein ähnliches Bild oben auf dem Vorstands-Podium: Sigmar Gabriel hält einen Plausch nach dem anderen. Andrea Nahles und Klaus Wowereit kauen mit ausdruckslosem Gesicht auf ihrem Parteitagsessen herum.
Dabei spricht Steinmeier gar nicht mehr so hölzern wie noch als Kanzlerkandidat vor zwei Jahren. Er verzichtet weitgehend auf sperrige Fachbegriffe und spickt seine Rede durchaus mit Selbstironie und Verve: "Ich weiß, dass ihr mir Pathos nicht zutraut", ruft er zu den Delegierten, aber er wolle dennoch dafür werben, "Europa zu erneuern und zu befestigen". Nach gut 60 Minuten erhält er einen höflichen, erschöpften Applaus.
Steinmeier nickt tapfer. Ein glühender Rhetoriker wie Gabriel wird er nicht mehr. Auch ist er kein publizistisch gefeierter Querdenker wie Steinbrück. Dennoch warnen mehrere Genossen, Steinmeier zu unterschätzen. Schließlich hat ihn die Bundestagsfraktion kürzlich nahezu einstimmig als Vorsitzenden bestätigt. Und die Fraktion sei das "Kraftzentrum" der Partei, wie die Abgeordneten gern betonen.
K-Frage liefert permanenten Gesprächsstoff
Offiziell ist die K-Frage ohnehin kein Thema auf diesem Parteitag. Tatsächlich liefert sie zwar permanenten Gesprächsstoff, auch unter den Politikern, dieser soll aber nicht zitiert werden. Vorher will sich die Partei nämlich noch auf ihr künftiges Regierungsprogramm verständigen. Und das ist durchaus umstritten. "Ein paar Kontroversen" habe man vorher noch auszufechten, bevor es um Personen geht, sagt beispielsweise Olaf Scholz.
Besonders der linke Parteiflügel artikuliert seine Unzufriedenheit. Ihn stört der pragmatische, wirtschaftsfreundliche, neu-mittige Kurs, den die Parteispitze seit längerem propagiert. Die neue Linken-Sprecherin Hilde Mattheis sagt ZEIT ONLINE, dass es der "großen Volkspartei" SPD gut zur Gesicht stehe, ernsthaft um den Kurs zu ringen. Ihr Flügel wollte sich partout nicht davon abbringen lassen, mehrere sozialpolitische Anträge einzubringen, über die in den kommenden Tagen abgestimmt wird. So fordert sie zum Beispiel die Einführung einer Reichensteuer und eine Einfrierung der Renten auf dem heutigen Niveau.

Offiziell gilt es als unwahrscheinlich, dass sich die Linke durchsetzt, aber befürchtet wird es durchaus. Sollte sie in Berlin erfolgreich sein, hätten alle drei potentiellen Kanzlerkandidaten ein Problem.
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